Wednesday, August 4, 2010

Das Bedingungslose Grundeinkommen im Kontext mit anderen Herausforderungen unserer Zeit




Grundsätzlich finde ich die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) eine interessante und vielschichtig wirkmächtige Idee. Aktuell werden verschiedene Modelle diskutiert wie z.B. das “Ulmer Modell” oder ein Modell der von Götz Werner gegründeten “Initiative Unternimm die Zukunft”.

Auf die Idee des BGE werden viele, jedoch durchaus berechtigte, Hoffnungen und Wünsche projiziert. Diese sind z.B. eine freiere Gesellschaft die ihren Individuen die Selbstverwirklichung erleichtert und der Wegfall der Stigmatisierung Arbeitsloser. Ob ein BGE in der Lage wäre, sämtliche Hoffnungen und Wünsche zu erfüllen darf sicherlich stark bezweifelt werden.

Während viele Fragen bei sämtlichen BGE-Modellen offen sind ist das einzige wirklich sichere, dass die Folgen unkalkulierbar und unklar sind. Ob und für wen es positive und für wen es negative Folgen hat vermag niemand so recht zu sagen.

Eine der offenen Fragen ist die Finanzierung. Ein BGE von mtl. EUR 1.000 würde den Staat ca. EUR 1.000.000.000 p.a. zusätzlich Kosten (siehe mein Blogpost “Finanzspiele zum Bedingungslosen Grundeinkommen”). Die Gesamtsteuereinnahmen betragen derzeit deutlich weniger als 1/3 davon. Die Lösung ist so klar wie einfach: Massive Steuererhöhungen im mittleren dreistelligen Prozentbereich.

Für die deutsche Gesellschaft ist Sicherheit ein existenzieller Grundwert. Es herrscht eine große Angst vor Veränderung. Somit lässt sich das deutsche Volk als im Kern konservativ beschreiben. Die Stärke des Konservatismus in Deutschland lässt sich jedoch nicht gleichsetzen mit den Stimmenanteilen einer bestimmten Partei, die den Begriff sich zu eigen macht. Letztendlich muss um jede tiefgreifende Veränderung lange gerungen und diskutiert werden.

Die erfolgreiche Gestaltung der beiden zentralen Herausforderungen unserer Zeit, des Klimawandel und der demographische Entwicklung, wird die Veränderungsbereitschaft der Deutschen fordern. Um eine erfolgreiche Zukunft Deutschland zu garantieren darf sie allerdings auch nicht überfordert werden - Veränderungen und Reformen benötigen immer Rückhalt von einer Mehrheit der Bevölkerung.

Konkret bedeutet dies: Zu diesen zwei wirkmächtige Herausforderungen eine dritte tiefgreifende Transformation hinzuzufügen könnte zu viel sein.

Einige Argumente des Pro-BGE Lagers sind faktisch schwer zu beweisen. Arbeitslosigkeit sei systemimmanent und werde durch eine fortschreitende Automatisierung stetig ansteigen. Somit müssten Alternativen zur Erwerbsarbeit gefunden werden. In der Realität wird jedoch derzeit von einem Fachkräftemangel und von einer in einigen Jahren möglichen Vollbeschäftigung gesprochen.

Die erfolgreiche Leitlinie der Arbeitsmarktpolitik des Fordern und Fördern wird auf letzteres beschränkt. Anreize fehlen und das Einrichten unter den Fittichen von Vater Staat wird zunehmend attraktiver.

Der Leistungsgedanke wird durch ein BGE weiter malträtiert - mit verheerenden Folgen für die Gesellschaft. Wachstum und Wohlstand, mit allen seinen positiven Nebenwirkungen, lässt sich nur durch tägliche Anstrengung, Arbeit und Leistung für die Zukunft sichern. Alles war der Staat an sozialen Wohltaten verteilt (auch ein mögliches BGE) muss täglich in einer globalisierten Wirtschaft erarbeitet werden.

Die Einführung eines BGE wäre der Abschied Deutschlands von der Globalisierung mit sehr negativen Folgen. Die Zeiten nationaler Alleingänge sind seit mehreren Jahrzehnten vorbei. Im Endeffekt bleibt das BGE eine gute Idee, die in der Realtität m.E. leider nicht funktioniert.

Da kritisieren alleine nicht hilft möchte ich auf eine Alternative aufmerksam machen: Das liberale Bürgergeld der Stiftung für die Freiheit (Link zu Youtube Video). Es bietet einen Bürokratieabbau und ist dem Grundsätz des wichtigen “Fordern und Fördern” verpflichtet.

3 comments:

  1. 1/2

    Dass mancher mehr Hoffnungen und Wünsche in ein BGE projiziert werden, als dieses dann zu erfüllen vermag, kann sein. Aber dass ein BGE zu einer freieren Gesellschaft führt und dem Einzelnen mehr Selbstverwirklichung ermöglichen wird, als es heute der Fall ist, das ist einfach logisch. Logisch ist es nur dann nicht, wenn man sich noch nicht mit dem BGE befasst hat und demnach nicht genau weiß, was ein BGE überhaupt ist.

    Die Finanzierung ist m. E. nur in so fern eine offene Frage, als dass man heute noch nicht sagen kann, welches der möglichen Finanzierungsmodelle umgesetzt werden wird.
    Trotzdem lohnt es sich, sich mit der Finanzierung mal näher zu befassen. Offensichtlich haben Sie das bisher versäumt: Hätten Sie sich mit der Finanzierung eines BGEs näher auseinandergesetzt, so wüssten Sie dass ein BGE nicht für jeden Bürger 1000€ mehr im Monat sind, sondern dass dieses bei Einführung in die bestehenden Einkommen einfließt. Beim Konsumsteuermodell fungiert das BGE quasi als Steuerfreibetrag, da ein Teil des Ertrages aus der Konsumsteuer an die Konsumenten rückerstattet wird.
    Zudem soll ein BGE alle staatlichen Sozialleistungen bis zur Höhe des Grundeinkommens-Betrages ersetzen. Nur dort, wo Sozialleistungen darüber hinaus notwendig sind, bleiben sie mit dem Betrag darüber hinaus erhalten. Zusätzlich können weitere Ausgaben des Staates wie überflüssige Verwaltungskosten und Subventionen volkswirtschaftlich unnützer Arbeitsplätze gestrichen werden. Wenn Sie mich fragen – unterm Strich wird der Staatshaushalt durch ein BGE entlastet werden.

    Sie schreiben, zu zwei wirkmächtigen Herausforderungen (Klimawandel und demographischer Wandel) eine dritte tiefgreifende Transformation (BGE) hinzuzufügen könnte zu viel sein. Das ist doch völlig falsch gedacht – das BGE wäre eine Antwort auf diese zwei Herausforderungen:
    Wir können nicht ewig auf Wirtschaftswachstum setzen, wenn wir die Natur bewahren wollen (Ressourcen schonen etc.), und der demographische Wandel zwingt uns ja dazu, ein Sicherungssystem umzusetzen, dass nicht die geringer werdende Erwerbsarbeit belastet, sondern ein System, in dem jeder Einzelne wieder etwas zur Gemeinschaft beiträgt.
    Die Konsumsteuer ist eine logische Antwort darauf. Und das BGE ist wie gesagt der Konsumsteuerfreibetrag.

    Zu Vollbeschäftigung und Arbeitslosigkeit - Arbeitslosigkeit wird nicht nur durch eine fortschreitende Automatisierung stetig ansteigen, sondern das passiert schon seit Jahrzehnten.
    Aber das wird in Zukunft in einem Ausmaß geschehen, das wir uns heute noch nicht vorstellen können.

    Was den Fachkräftemangel angeht – haben wir wirklich einen Fachkräftemangel?
    Also ich weiß von vielen hoch qualifizierten Fachkräften, die nach ihrem Studium ein Praktikum nach dem anderen machen (müssen), weil sie keine feste Anstellung bekommen.
    Vielleicht reden Politker ja so geren von einem vermeintlichen Fachkräftemangel, um vom wirklichen Problem abzulenken: Dass es nicht genügend Arbeitsplätze gibt.

    Und selbst wenn wir einen Fachkräftemangel hätten – es werden heute schon und erst Recht in Zukunft weniger Arbeitskräfte benötigt als auf der anderen Seite durch den rasanten technologischen Fortschritt Arbeitskräfte eingespart werden.

    Deutschland produziert immer mehr mit immer weniger Menschen.

    Dieser Satz, den selbst jedes Kind versteht, bringt es auf den Punkt.

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  2. 2/2

    Deutschland produziert immer mehr mit immer weniger Menschen – das ist die Realität.

    Und was die „mögliche Vollbeschäftigung in Zukunft“ angeht - von der wird seit Jahrzehnten geträumt. In der Realität ist seit 50 Jahren die Arbeitslosigkeit nur noch gestiegen. Die Arbeitslosenstatistik wird stets geschönt, um den „Erfolg“ des technologischen Fortschritts manierlicher erscheinen zu lassen.

    Übrigens – wissen Sie, was die ganzen Investitionen in neue Arbeitsplätze sind?
    Es sind gleichzeitig Rationalisierungsmaßnahmen.
    Denn da werden die Methoden entwickelt, die Arbeitskräfte einsparen.

    Zitat: „Die Einführung eines BGE wäre der Abschied Deutschlands von der Globalisierung mit sehr negativen Folgen. Die Zeiten nationaler Alleingänge sind seit mehreren Jahrzehnten vorbei.“

    Woher wollen Sie das wissen?
    Im dritten Absatz Ihres Blog-Artikela schreiben Sie, die Folgen eines BGEs seien unkalkulierbar und unklar; ob und für wen es positive und für wen es negative Folgen hätte, würde niemand so recht vorraussagen können.
    Wieso können Sie es hier auf einmal voraussagen, ein BGE hätte negative Folgen für die Globalisierung, während Ihrer Meinung nach kein Mensch voraussagen könne, welche positive Wirkung ein BGE auf die Gesellschaft hätte?

    Und wer behauptet dass ein BGE nur in Deutschland eingeführt werden soll?
    In Brasilien steht es z. B. bereits im Grundgesetz, in Namibia wird es derzeit erprobt, letztes Jahr gründete das Spanische Parlament in Madrid einen BGE-Ausschuss.

    Und wenn Sie behaupten, zu wissen, die Einführung eines BGEs in Deutschland wäre der „Abschied der Globalsisierung mit sehr negativen Folgen“, dann erläutern und bedründen Sie dies doch mal bitte. Das und warum ein BGE Ihrer Meinung „in der Realtität leider nicht funktioniert“.

    Was das liberale Bürgergeld angeht – es ist Hartz IV pauschaliert, vereinfacht und die Sanktionen werden sogar noch verschärft.
    Was ist daran liberal?

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  3. Schäuble: „Eine Billion Euro im Jahr für Sozialleistungen“

    Im Interview mit der „Welt“ spricht sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für eine Vereinfachung des Steuerrechts und für Entlastungen aus. Gleichzeitig warnt er vor zu hohen Erwartungen: „Wer zusätzlich Steuerentlastungen will, muss zusätzliche Einsparmöglichkeiten finden.“ Aufschlussreich für die Diskussion um die Höhe des Grundeinkommens und seiner Finanzierung erscheinen die Äußerungen von Wolfgang Schäuble im letzten Abschnitt des Interviews.

    Die Welt: Sind Ideen, wie sie Wilhelm von Humboldt vor 200 Jahren zur Einhegung der Staatstätigkeit entwickelt hat, noch aktuell?

    Schäuble: Die Sozialleistungen der öffentlichen Hand inklusive der gesetzlichen Sozialversicherungen belaufen sich heute auf rund eine Billion Euro im Jahr. Geteilt durch 80 Millionen Einwohner, sind es etwa 12 500 Euro pro Person. Wir hatten die Sozialgesetze eingeführt, um Menschen durch staatliche Leistungen vor Armut zu bewahren. Es ist ein paradoxer Widerspruch, dass Menschen gerade dann als arm wahrgenommen werden, weil sie staatliche Transferleistungen beziehen.

    Quelle: http://www.bundesregierung.de/nn_1500/Content/DE/Interview/2010/01/2010-01-25-interview-schaeuble-welt.html

    Wenn ich die Zahlen unseres Finanzministers ernst nehme, würde das bedeuten:
    Pro Einwohner würden danach ca. (12 500 / 12 =) 1042 € im Monat zu Verfügung stehen.

    Oder anders ausgedrückt:
    Vom Baby bis zum Greis hätten wir dann ein monatliches Grundeinkommen in Höhe von 1000 € und zusätzlich (42 * 12 * 80 000 000 =) 40 320 000 000 € für weitere soziale Härtefälle zu Verfügung …!

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